Schräg gedacht
Ein historisches Original in neuer Blüte
Fotos: Hütten & Paläste ArchitektenArchitektur Hütten & Paläste Architekten (Nanni Grau und Frank Schönert) Web www.huettenundpalaeste.de Objekt Finnhütte Ihlow Kategorie Umbau, Niedrigenergiehaus / Passivhaus, Holzbau Fassadenmaterial / Fassadenfirma Plexiglas-Wellplatten, nordische Fichte Adresse Reichenberger Straße, Ihlow Bauherr Privat Planungsbeginn 6/2013 Fertigstellung 10/2015 Nutzfläche 45 m 2 Kosten ca. € 80.000,– (reine Baukosten)
Fast verschwindet sie mit ihrer transparenten Hülle zwischen den gelben Rapsfeldern. Von der Straße aus ist von der knapp 50 Quadratmeter großen Finnhütte nur das überdimensionale Dach zu sehen. Dennoch erregt dieses unscheinbare Projekt in Märkisch-Oderland die Gemüter und füllt mittlerweile dicke Aktenmappen der brandenburgischen Baubehörde: Aufgrund der offiziellen Zulassung als „Mehrzweckgebäude“ – ein überholter Begriff, der noch aus der DDR- Zeit stammt – ist derzeit noch unklar, ob das Amt die Hütte auch zum Wohnen freigibt.
Für die beiden Architekten Nanni Grau und Frank Schönert vom Büro Hütten & Paläste ist die Sache jedoch klar: „Nurdachhäuser waren in der DDR verbreitete Freizeithäuser, indem wir bei diesem Projekt den Baukörper unangetastet lassen und in seiner Funktion als Sommerdomizil mit wenigen Eingriffen reaktivieren, verbeugen wir uns vor dem historischen Original.“

Die Hütte, etwa eine Stunde von Berlin entfernt gelegen, grenzt an einen Naturpark. Der ideale Ort für eine Sommerresidenz, dachten sich die Bauherren und kauften das Objekt, um das sich der Alteigentümer schon lange nicht mehr gekümmert hatte.
Begeistert von der Einfachheit von Form und Konstruktion gingen die Architekten behutsam mit dem Bestand um. Schadhafte Baustoffe wurden entfernt und Fenster ausgetauscht, der Rest blieb erhalten. Die neue Außenhülle aus transparenten Wellplatten habe mehrere Funktionen, erklärt Grau die simple, aber effektive Konstruktion. „Sie schützt den Originalbestand und erweitert die Hütte um einen Wintergarten. Außerdem kann damit nebenbei passiv Energie gewonnen werden.“

Der Luftraum zwischen transparenter Hülle und Dach wird nämlich zur solaren Warmwasserbereitung genutzt, der Wintergarten heizt wiederum das Haus in den Übergangszeiten. Und da der Innenraum klein ist, organisierten ihn die Architekten um einen konzentrierten Funktionsbereich, sodass der verbleibende Wohnraum größer wirkt und Rückzugsräume unterschiedlicher Qualität entstehen. Nach Abschluss der Umbauarbeiten wird das Haus nur noch aus einem Grund diskutiert, hoffen Schönert und Grau – nämlich als gutes Beispiel dafür, wie man respektvoll mit einem Bestand umgeht und gleichzeitig moderne Raumnutzung einfügt.
